Wirtschaftsweisen bestätigen: Kosten für Flüchtlinge in Deutschland tragbar – Arbeitsmarktintegration entscheidend

Veröffentlicht am 11. November 2015

Die Debatte um eine angeblich notwendige Obergrenze für Flüchtlinge hat in den letzten Wochen an Schärfe zugenommen. In ihrem Jahresgutachten bestätigen die fünf Wirtschaftsweisen jetzt, dass die Kosten für Flüchtlinge in Deutschland angesichts der guten Wirtschaftslage tragbar sind. Keine wirklich überraschende, aber auf jeden Fall eine gute Nachricht.

Lange Asylverfahren und Hürden beim Arbeitsmarkt kostentreibend

Die Wirtschaftsweisen warnen aber auch: lange Asylverfahren und Hürden bei der Arbeitsmarktintegration wirken kostentreibend – und beides hängt miteinander zusammen, beides sind Baustellen, bei denen die Große Koalition nicht vorankommt, eher Chaos stiftet als für Klarheit sorgt.

Bislang hat die Bundesregierung jedenfalls noch keinen überzeugenden Plan vorgelegt, wie der Bearbeitungsstau bei Asylververfahren aufgelöst werden soll. Möglich wäre es, zum Beispiel, indem Schutzsuchende aus Ländern mit sehr hohen Anerkennungsquoten (Syrien, Irak, Eritrea und Somalia) unmittelbar einen Schutzstatus erhalten (Antrag der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 14.10.2015).

Arbeitsmarktintegration als Schlüssel – Hürden beseitigen

Denn gerade für die so wichtige Arbeitsmarktintegration wirkt der der Antragsstau fatal – meist geht ein Jahr oder mehr verloren, ehe Flüchtlinge überhaupt die Möglichkeit haben, reguläre Sprachkurse zu besuchen (siehe Anfrage an die Bundesregierung aus dem Oktober). Und das erweist sich langfristig als teuer: Eine erfolgreiche Integration erfordert laut dem Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen zwar erhebliche Bildungs- und Qualifikationsanstrengungen, ein Fehlschlag bei der Arbeitsmarktintegration wäre aber langfristig deutlich teurer.

Unisono fordern auch Arbeitgeberverbände, Industrie- und Handels-, sowie Handwerkskammern frühzeitige Sprachkurse für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive, die Abschaffung der Vorrangprüfung und einen gesicherten Aufenthaltsstatus für die Ausbildungsdauer. Die Bundesregierung dagegen hält weiterhin daran fest, dass erst anerkannte Flüchtlinge entsprechende Maßnahmen, bessere Bedingungen und Förderung bekommen. Handelt die Bundesregierung hier nicht zügig und konsequent, dann geht das nicht nur zu Lasten der Flüchtlinge, sondern kostet uns auch langfristig viel Geld.

Wirtschaftliche Chancen nutzen

Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) machte unlängst darauf aufmerksam, dass Deutschland auch wirtschaftlich von Flüchtlingen profitiert. Bereits nach sieben Jahren, so Fratzscher, bringen Flüchtlinge dem Staat Geld – durch Steuern und Abgaben – und tragen zur wirtschaftlichen Dynamik in Deutschland bei.

Moralisch wie rechtlich sind wir verpflichtet, Schutzbedürftigen auch Schutz zu gewähren. Das Asylrecht ist ein Grundrecht, geschützt durch das deutsche Grundgesetz und völkerrechtliche Normen, nicht das Ergebnis einer wirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Kalkulation. In der aktuellen Debatte, ob wir die Zahl der Flüchtlinge bewältigen können oder nicht, zeigen die Zahlen und Fakten aber: Wir schaffen das nicht nur – wir profitieren langfristig sogar. Und das ist auch eine Botschaft. Nicht wir sind es, die in Not sind. Es sind die Flüchtlinge und die Länder, aus denen siehe fliehen müssen.